am 02.08.2015
Allzu oft lässt man sich von Namen großer Top Weingüter beeinflussen bzw. hat durch gewisse Eigenschaften (Bekanntheitsgrad, Lage, Qualitätshierarchie, Reifegrad,…) eine
Erwartungshaltung dem Wein gegenüber.
Bei diesem Blind-Tasting werden wir bspw. Weine über verschiedene Qualitätsstufen bis hoch zu verschiedenen Großen Gewächsen, jung oder gereift, unbekanntes Weingut oder bekanntes Top Weingut,
Einzellage oder Cuvee blind probieren und genießen können.
Auf diese Weise können wir ganz unvoreingenommen, mit sehr viel Spaß, sehr viel entdecken und genießen.
Fokus lag ausschließlich auf Rieslinge aus dem Rheingau und es sind Top Weine am Start!!!
Fazit:
Riesling kann so vielfältig sein...
Verschiedene Kategorien offenbaren die wunderbare Vielfalt der Riesling Traube.
Die Highlights waren:
- 2011 Barth, Singularis
- 2012 Garage Wine, Old School
- und 2013 Domdechant Werner, Kirchenstück GG
Die Riesling im Einzelnen:
Einstiegsriesling
1.) 2013 Garage Winery, Drachenstein
Der erste Wein des Abends, war ein unkomplizierter Schmeichler aus dem zu unrecht noch nicht weit bekannten kleinen beautiguen Weingut "Garage Winery" aus Oestrich Winkel. Mit einer etwas
höheren Restsüße XXX g/ L, intensiver Frucht die teils schon in die exotische Richtung (Mango, Pfirsich, Ananas,..) geht. Die Süße war hervorragend balanciert und ergänzt mit einer Lagen
typischen Mineralität. Ein schönes Beispiel welche tolle Weine, auch hinsichtlich Preis-/Leistung kleinere und weniger bekannte Weingüter hervorbringen können.
Vergleich Sekt und der zugrundeliegende Basiswein / "stiller" Riesling
2.) 2009 Wegeler Geheimrat J, Riesling Sekt Spätlese trocken
3.) 2009 Wegeler Geheimrat J, Riesling Spätlese trocken
Sehr willkommene Idee für alle mal den Stillen Wein zu dem dazugehörenden Sekt zu probieren und das auf hohem qualitativen Niveau. Bei diesem Vergleich lag die Idee zugrunde, ob man nicht Eigenschaften Stilistiken in beiden gemeinsam wieder findet. So weit die Idee! Leider kam der Vergleich nicht zustande, da der Sekt durch einen fehlerhaften (deformierten) Korken oxidiert war. Hatte ich bei einem Sekt dieser Qualität und Alters zuvor noch nie gehabt, deshalb blöderweise auch keine Konterflasche (passiert mir nie wieder). Der Geheimrat J Riesling erschien in der Nase mit einer leichten Firnnote zunächst etwas gereifter, was später aber verflog. Am Gaumen dicht und intensiv mit Aromen von Aprikose, Maracuja, Birne, mit einer frischen Säure schön balanciert und lang im Abgang.
Großer / Kleiner Bruder - gleiche Lage
4.) 2013 Domdechant Werner, Riesling, Goldkapsel
5.) 2013 Domdechant Werner, Riesling, Kirchenstück GG
Ein Weingut, ein Jahrgang, eine Lage und zwei Weine die zwar in die gleiche Richtung zeigten, aber dennoch völlig unterschiedlich waren. Hier passte durchaus der Vergleich kleiner und großer Bruder. Bei dem GG war ein sehr großer Qualitätssprung im Vergleich zu der ohnehin schon recht guten Goldkapsel zu sehen. Beide aus dem Kirchenstück, die Goldkapsel aber aus einer Parzelle aus der der Wein nicht als GG ausgewiesen werden durfte . Das GG war dann auch einer der Lieblinge des Abends. Ein schönes Beispiel wie ein Wein aus einem Weingut, welches vielleicht nicht immer an vorderster Front genannt wird, aber ganz viel Qualität und Trinkfreude zu einem vergleichsweise wirklich sensationellen Preis bieten kann! Ein kleiner Seitenhieb zu seinem Nachbarn mit teils auch herausragenden Weinen sei mir an dieser Stelle gestattet.
100%iger Sponti ohne Stinker
6.) 2012 Garage Winery, Riesling, Old School, Rüdesheimer Berg Roseneck, Spätlese trocken
Spontangärung, also die alkoholischen Gärung durch natürlich im Weinberg und im Keller vorkommende Hefearten ohne den Zusatz von speziell gezüchteten Weinhefen ist schon länger und auch
aktuell ein großes Thema über das sich die Geister scheiden. Der sog. "Stinker", hervorgerufen durch den bei Spontanvergärung vermehrt gebildeten Schwefel-wasserstoff, wird, teils
zu Recht, hierbei immer wieder damit assoziiert. Der Old School ist ein schönes Beispiel dafür, dass dieser "Stinker" nicht immer vorhanden sein muss, aber dennoch die Vorzüge wie bspw. das
vermehrt gebildete Glycerin für den Körper des Weins den Wein beeinflussen kann. Zusammen mit dem langen Hefelager und dem Ausbau im großen Holz konnte man davon auch wirklich sprechen. Rund,
voll, intensiv, schön balanciert und lang. Ein Wein der am Abend zu begeistern wusste.
Riesling und Holz
7.) 2011 Barth, Riesling, Singularis
Für eine richtige Überraschung sorgte der nächste Wein!! Riesling im Holz das gibt's zu Hauf, aber Riesling in neuen Barriques, das gibt es eher selten und wenn, dann nicht so fantastisch integriert. Es wollte keiner glauben, dass dieser Singularis vom Wein und Sektgut Barth zu fast 100% für ein Jahr in neuem Holz reifte. Seine Restsüße (100° Öchsle) standen dem Holzausbau sehr gut. Beides verband sich, so dass man seinen etwas höheren Restzucker nicht vermuten wurde. Das Holz perfekt eingebunden, der Wein kräftig breit im Mund, aber nicht plump, sondern einfach nur ausfüllend, sehr cremig, viel Schmelz und ganz typische Noten (können hier und da an die Noten eines Chardonnay erinnern, aber graziler und frisch und lebendiger durch die meist etwas höhere Säure) die ein Riesling bekommt wenn er längere Zeit im nicht zu alten Holz verbringt.
Auch eines der absoluten Highlights des Abends.
Riesling und Reife
8.) 2012 Wegeler, Riesling Berg Schlossberg 1GW
9.) 1997 Wegeler, Riesling Berg Schlossberg 1GW
Mit dem 1997 Schlossberg kam leider der 2. Wein der nicht ganz 100% optimal und zu gereift war. Das ist Natur und kommt zum Glück nur selten vor! Schade, insbesondere da ich den gleichen Wein einen Abend zuvor in einem anderen Tasting hatte und der sensationell war. Der 2012 Schlossberg 1GW hingegen war so wie er sein sollte, rassig, ausgewogen mit einer frechen Säure und viel Grip. Er hat eine animierende Würze, Kräuter, reife intensive Steinfrüchte, Zitronen- und Orangen Aromen und eine Lagen-typische Mineralität. Alles komplex, tief und dicht. Er ist er trotz seines jungen Alters für ein GG toll balanciert und ausgewogen mit viel Kraft, und Finesse. Der Abgang ist lang komplex und herrlich Frucht-betont.
Riesling und Restsüße
10.) 2005, Garage Winery, Berg Roeseneck, Spätlese, Alte Reben
Ein Wein mit Restsüße darf natürlich nicht fehlen und der darf dann auch etwas gereifter sein. In der Nase zuerst eine leichte Firnnote, die aber mit etwas Luft schnell zurück ging.
Am Gaumen dann voll, reif, dicht und die höhere Restsüße von ca. 60g/L ist sehr gelungen mit einer kräftigen aber reifen Säure balanciert. Die Aromen von Birne, etwas Mandarine und Ananas in
Kombination mit der typischen Mineralität machen richtig Spaß. Ein Wein, sehr saftig und animierend zum weiter trinken.
Großes GG
11.) 2012, Wegeler, Geisenheim Rothenberg, Riesling, GG
Ein richtig großer Wein der erst am Anfang seiner Entwicklung steht. Mit ein wenig Luft im Glas offenbarte er, wohin die Reise gehen wird und was zu erwarten sein wird...
Aus dem Glas kommt ein etwas herber, würziger, enorm mineralischer und kräutiger Duft nach Zitronen und Steinobst, alles unterlegt mit zarten floralen Noten. Am Gaumen ist die Aromatik zuerst etwas verschlossen, dann aber sehr saftig, leicht hefig, wieder mit Kräutern und der enormen Mineralität, gefolgt von floralen schwarzbeerigen Tönen. Unglaublich wie viel Griff und Zug er hat, dabei sehr komplex und eine schöne Tiefe und Dichte. Das alles ist verpackt in eine sehr cremige und schmelzige Textur. Der Abgang ist sehr lange, komplex, saftig und Frucht betont. Insgesamt ein ganz großer Wein der gerade am Beginn seiner Entwicklung steht!
Dass wussten dann auch einige zu schätzen, die sich den letzten Rest der 2. Flasche ganz zum Schluss, mittlerweile schon deutlich mehr geöffnet, noch schmecken ließen.